Mädchen sind die besseren Revolutionäre

In meinem DVD-Spieler: Eine DVD "mit Bildern vom Straßenkampf in Kreuzberg 1987". Nein, noch viel schlimmer. Ein Doku-Drama über eine radikalfeministische autonome WG in Kreuzberg. Der Streifen nennt sich "Die Ritterinnen". Als böser Kapitalist wie ich einer bin muss man seinen Horizont ja mal erweitern. Aus einer anarchischen autonomen WG wurde hier langsam eine revolutionäre feministische WG ("jeder Kontakt zum Mann ist konterrevolutionär"), die auf ihrem Höhepunkt eine Speerspitze der Proteste gegen die IWF-Tagung damals in Berlin wurde. Die autonomen Männer können die Separation nicht fassen, und noch weniger können sie was dagegen tun, denn wie könnte man den Feministinnen argumentativ beikommen? Sie haben doch Recht… Nach der IWF-Sache ging es dann bergab mit dem Frauen-Kollektiv, denn mal ehrlich – haben sich die IWF-Menschen um die autonomen Idioten vor der Tür des Tagungsortes gekümmert? Hat es was gebracht? Einige Jahre wird die linke WG dann zum Kollateralschaden der Deutschen Einheit. Ungläubig sitzen die Bewohner vor dem Fernseher und wähnen den Untergang ihrer realsozialistischen Welt nahe. Sie mussten ohnehin schon zu viele Zugeständnisse an den Kapitalismus machen, denn irgendwoher muss ja Geld herkommen. Der Film fängt beides gut ein – den revolutionären Eifer der Anfangszeit ("ich hab‘ ein Manifest geschrieben" – nachts um halb zwei) und den allmählichen Verfall des Kollektivs von Innen ("es hätte ein Update gebraucht"). Schließlich geht jeder seinen eigenen Weg. Interessant zu beobachten, wie die Akteurinnen von damals – inzwischen allesamt Frauen mittleren Alters – heute mit 15 Jahren Abstand über ihre gemeinsame Zeit damals diskutieren. Von etwa der Hälfte der "glorreichen Sieben" kann man behaupten, dass sie wirklich mit beiden Beinen in der damals so verhassten Gesellschaft angekommen sind ("baut Sonnenkollektoren in Spanien", "heiratete und ging nach Afrika"), die andere Hälfte hält noch irgendwie die revolutionäre Fahne hoch ("betreibt in Bayern ein kleines Bio-Kollektiv", "hält in Berlin den Kontakt zur Autonomen- und Lesbenszene"). Und dann ist da noch die Meisterin selbst, Barbara Teufel… aus ihr ist eine Filmemacherin geworden, wenn auch eine nicht wirklich erfolgreiche. Deshalb macht sie bei Sachen wie virtuellen Sitzstreiks auf dem Lufthansa-Server mit. Eieiei, Frau Teufel… Die Sache ging zuletzt im Juni diesen Jahres durch die Nachrichten. Es ist nämlich ein Verfahren wegen Sachbeschädigung anhängig, wenn auch wahrscheinlich nicht gegen sie.

Ach ja, wie komme ich überhaupt dazu, so einen seltsamen Film zu kaufen? Actually bin ich Opfer einer Falschinformtion in der IMDb geworden. Zur Hauptdarstellerin Jana Straulino heißt es dort, dass sie in "Die Ritterinnen" "herself" spielt. Ich kenne sie bereits aus dem Film "Seventeen – Mädchen sind die besseren Jungs", einem Gute-Laune-Musikstreifen… Verzeihung, Jugend-Problemfilm über ein burschikoses Weibstück, der mir sehr gefallen hat und der bei mir einen Ehrenplatz zwischen Lilja 4-ever und Alaska.de hat. Jetzt wollte ich wissen, was denn Frau von und zu in "Die Ritterinnen" "herself" zu sagen hatte. Aber Pustekuchen. Die Angabe bezog sich auf die Extras auf der DVD. Die sind zwar vorhanden, aber nichts großartiges… um nicht zu sagen, sie sind langweilig. Am besten ist noch der ungeplante Auftritt von zwei Engländern beim Interview mit der Regisseurin ("You are live on television!"), der mit dem O-Ton "I love terrorists!" vom Engländer abschließt.

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