Das Wirtschafts-Waterloo

Gestern lief eine glorreiche Diversity-Blockveranstaltung, und ich habe fast einen Schreikrampf gekriegt. Man vergegenwärtige sich, dass die meisten Studis an einer FH bereits einen Beruf gelernt haben und nicht mehr frisch von der Schule kommen. Unter anderem sitzen dort Steuerfachangestellte und verschiedene Kaufleute (Groß/Außenhandel, Büro-, Werbe- oder Schlagmichtot-Kaufmann/frau). Mit einiger Sicherheit sollte man annehmen, dass solche Menschen Prozentrechnung beherrschen. Tief blicken ließ da folgende kleine Übung in eigener Sache: Die Abschlussnote im Modul BSC setzt sich zu 40 % aus Klausur und zu 60 % aus semesterbegleitenden Leistungen zusammen. Die semesterbegleitenden Leistungen wiederum bestehen aus 60 % Präsentation, 20 % einer Komponente, die wir mal der Einfachheit halber "Internet-Test" nennen wollen und 20 % "Präsentation II". An dieser Stelle brachen geradezu Tumulte im Plenum aus. Wie es denn sein könne, dass sich 60 + 20 + 20 zu 60 addieren? Ich war echt dem Zusammenbruch nahe. Solchen Leuten müsste man eigentlich die Ausbildung wieder aberkennen… Es liest zwar niemand, aber weil es so schön ist, erklärt hier an dieser Stelle Alwin Meschede jetzt die Grundlagen der Prozentrechnung:

Die interessante Frage ist, zu wieviel Prozent die Präsentation in die Endnote des Moduls eingeht. 60 Prozent sind taschenrechner-freundlich übrigens 0,6. Die Summe der Komponenten "Präsentation", "Klausur", "Internet" und "Präsentation II" muss nachher 1 oder anders gesagt 100 % ergeben. Wenn etwas nur zu 60 % in einen Wert eingeht, der selbst nur zu 60 % irgendwo eingeht, dann wird das Ergebnis was ziemlich kleines. Die Multiplikation von zwei Zahlen mit ner Null-Komma vorneweg ist genau so ein Fall. 0,6 x 0,6 ist auf meinem TI-30 von Texas Instruments 0,36. Ich sage das dazu, weil erschreckend viele Studis unheimlich tolle Taschenrechner haben, die sie aber nicht zu bedienen verstehen, weil die Hardware umgekehrt polnische Notation oder sonstige Perversitäten verwendet. Das hat letztes Jahr in der Finanzmathe-Klausur schon Tote gegeben. Für kein Geld der Welt würde ich meinen TI-30 gegen einen grafischen Taschenrechner eintauschen wollen. Wenn mans mal durchrechnet, ergeben sich also folgende Werte, mit denen die Komponenten in die Endnote eingehen: Präsentation 0,6 x 0,6 = 36 %, Internet und die zweite Präsentation je 0,2 x 0,6 = 12 %, und die Klausur 40 % (hier wird natürlich nix multipliziert). Was in Summe genau 100 % ergibt. Und jetzt möge ein Steuerfachangestellter versuchen, das nachzuturnen, wenn bei ihm 60 + 20 + 20 nicht 60, sondern irgendwas anderes ergeben…

Der Tag gestern war im wesentlichen verloren. Ich bin jetzt so schlau wie zuvor und weiß, dass Männlein und Weiblein erstens unterschiedlich sind, zweitens unterschiedlich wahrgenommen werden und drittens auf unterschiedliche Arbeitsmärkte stoßen. Den Namen "Diversity Management" hat die Veranstaltung nicht verdient. Aber ich bin ja froh, dass es vorbei ist… 

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