Hauptversammlung der ThyssenKrupp AG 2008

Habe heute meine Verwaltungsrechte als Aktionär der Thyssenkrupp AG wahrgenommen und bin zur Hauptversammlung nach Bochum gefahren. Als BWL-Student mit dem Schwerpunkt Finanzwirtschaft musste ich einfach mal eine HV mitmachen, um zu wissen, worüber man redet. Thyssenkrupp lag dabei nahe, weil sie ihre HVs im Bochumer RuhrCongress abhalten (bei Starlight Express nebenan), gerade mal 15 km entfernt von meiner Dortmunder Wohnung. Zwecks dessen hatte ich eine (in Worten: eine) Aktie von TK gekauft. Ich betrachte das Papier jetzt mal im Sinne einer Buy-and-Hold-Strategie, mal schauen was passiert. Wenn ich im Rentenalter bin, kann man vielleicht einmal gut essen gehen vom Verkaufserlös.

Eine Hauptversammlung ist tendenziell eine Veranstaltung für Rentner (die haben schließlich Zeit), man sieht kaum Menschen unter 60 Jahre. Die Anwesenheit lag heute dennoch bei knapp 66 % des stimmberechtigten Kapitals. Insgesamt sollte es eine eher ruhige HV werden, es gab keine schwerwiegenden Beschlüsse zu fassen. Abzustimmen war über die Verwendung (also Ausschüttung) des Jahresgewinns, die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, den Abschlussprüfer sowie eine kleine Änderung der Vergütung des Aufsichtsrates. Außerdem über einen neuen Vorratsbeschluss zum Erwerb eigener Aktien, um diese vergünstigt an Mitarbeiter weiterreichen zu können. Zu Beginn der Versammlung kamen ein paar warme Worte vom Aufsichtsratsvorsitzenden Cromme und noch wärmere Worte vom Vorstandsvorsitzenden Schulz, dessen Vertrag just um 2 Jahre verlängert worden ist. Wer würde es ihnen auch verdenken, schließlich haben die Jungs das beste Geschäftsjahr der Firmengeschichte hinter sich.

Es folgte die Generaldebatte, bei der die Aktionäre den Vorstand und Aufsichtsrat mit unangenehmen Fragen löchern konnten. Hilfreiche Geister im Hintergrund versuchten alsdann, die manchmal etwas wirren Fragen zu verstehen und bereiteten den auf der Bühne sitzenden Managern ihre Antworten vor, die dann in einem Rutsch durchgehechelt wurden. Der erste Rededurchlauf dauerte gute drei Stunden. Teilweise waren recht unterhaltsame Redner darunter, die nicht mit Seitenhieben auf Vorstand und AR sparten. Einige Redner störten sich an der Dividenden-Ausschüttungsquote von nur knapp 30 % des Jahresüberschusses. Der Schnitt der DAX-Unternehmen liegt wohl bei 50 %. Ich persönlich finde die Dividende ganz in Ordnung, die Dividendenrendite liegt jedenfalls über 3 %, was ein ganz guter Satz ist. Thyssenkrupp braucht im übrigen Kapital für Investitionen. Immer noch schwer im Magen liegt einigen die Entscheidung vom letzten Jahr, wonach die von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung (in der das Erbe der Familie Krupp drinliegt und die mit 25,1 % größter Aktionär von Thyssenkrupp ist) bis zu drei Aufsichtsräte entsenden kann. Der erste ist nunmehr in den AR eingezogen, wo er einen Chinesen ablöst, der zwischenzeitlich Technologieminister der Volksrepublik China geworden ist. In der Satzung der Thyssenkrupp AG finden sich übrigens als kleine Kuriosa Bestimmungen, wonach Thyssenkrupp für die Instandhaltung der Villa Hügel, des Stammhauses Krupp und des Grabes von Krupp aufzukommen hat.

Mit dabei war auch "Herr" Wilm Müller. Herr Müller ist eine Plage der deutschen HV-Landschaft, man könnte ihn auch als Kult bezeichnen, wenn er mal etwas an seiner Rhetorik feilen würde. Herr Müller steht für sinnlose Gegenanträge zur Tagesordnung. So forderte er mal wieder die Ausschüttung der Thyssenkrupp-Dividende als Sachdividende in Form von Aktien einer gewissen Reederei aus Bad Zwischenahn am Zwischenahner Meer. Desweiteren versuchte er einen Formfehler bei der Einladung zur Hauptversammlung herbeizureden. Der Wortbeitrag des Herrn Müller war eine gute Gelegenheit, zwischenzeitlich mal den Saal zu verlassen, und über das Buffet herzufallen. Es gab Currywurst (wir sind schließlich in Bochum!) und Frühlingsrollen.

Was ich noch gerne erlebt hätte, wären Friedensaktivisten am Rednerpult. Es gibt da so Grüppchen, die "Kritischen Aktionäre" zum Beispiel. Thyssenkrupp ist ja auch im Rüstungsbereich aktiv, vor allem im Schiffbau. Übrigens hat man da gerade Ärger mit Griechenland. Es sind Kriegsschiffe geliefert worden, und nun tut sich Griechenland ein wenig mit der Bezahlung schwer. Den zuständigen Vorstand hatte man quasi direkt aus Athen zur Hauptversammlung eingeflogen. Der griechische Finanzminister hat ihm nun erstmal eine Abschlagszahlung versprochen, und baldmöglichst soll der Rest des Geldes kommen.

Als es nach 14 Uhr in die zweite Runde der Generaldebatte ging, war ich schon einigermaßen fertig vom faulen Rumsitzen. Hochachtung vor Menschen wie dem Finanzvorstand Middelmann, die die ganze Zeit über auf ihrem Stuhl sitzen blieben. Alleine dadurch müssten sich die Managergehälter gut rechtfertigen lassen… Um weiter der Diskussion folgen zu können hätte ich mich von Anfang an konsequent mit Koffein oder so dopen müssen. Ich habe dann mein Stimmrecht auf einen Mitarbeiter der Thyssenkrupp AG übertragen, auf dass er in meinem Sinne, also nach meinen Weisungen abstimmen möge. Am Montag gibts dann 1,30 Euro Dividende.

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3 Antworten zu Hauptversammlung der ThyssenKrupp AG 2008

  1. Marc sagt:

    Ich freue mich mal einen nicht so „trockenen“ Bericht über eine HV zu lesen. Z. Z. arbeite ich an meiner Projektarbeit (Thema: HV von ThyssenKrupp) und finde es prima, dass du dir die Mühe gemacht hast, die HV mal aus Sicht eines quasi „Finanzmarkt-Fremden“ aufzuschreiben.

    Gruß aus Köln,
    Marc

  2. Christian sagt:

    Da hast Du es gut, dass die HV bei Dir förmlich nebenan war. Einige hundert km Autofahrt war mir dann irgendwie doch zu weit. Danke für die Zusammenfassung der HV. Nun bin ich direkt traurig, dass ich die Currywurst verpasst habe. Hoffentlich war sie gut.

  3. Herr Müller sagt:

    Ich habe den Namen Herr Wilm Müller und nicht die Meinung, dass ich eine „Plage“ bin. Wie sonst könnte ich es denn hinbekommen, dass Dividenden in Form von Aktien der Firma Reederei Herbert Ekkenga augeschüttet werden, wenn nicht dadurch, dass ich auf Hauptversammlungen immer und immer wieder Selbiges beantrage?

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