Ein Insolvenzdelikt, ein Neubeginn und eine heiße Affäre

Es war einmal ein kleines Unternehmen, dessen Geschäftszweck die Entwicklung von Computerspielen war. Nennen wir es Perpetual Entertainment Incorporated. Die Firma hatte zwei Eisen im Feuer: Das Online-Rollenspiel Gods & Heroes (GnH) und eine Lizenz zur Entwicklung und Vertrieb des Online-Rollenspiels Star Trek Online (STO). Doch ach, es gab ein Problem: Perpetual Entertainment war nicht ausreichend durchfinanziert, wie wir Betriebswirte sagen. Im Herbst 2007 ging das Geld langsam aus. Was tun? Am ehesten hätte Gods & Heroes Geld in die Kasse spülen können. Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt immerhin schon lauffähig und in der Testphase. Die Eigentümer hatten jedoch, wie wir gleich sehen werden, andere Pläne. STO lief zu diesem Zeitpunkt bestenfalls unter „Laborbedingungen“, die ersten Ingame-Screenshots waren veröffentlicht worden. Aber wenn es denn mal fertig werden würde, wäre mit Star Trek Online auf jeden Fall mehr Geld zu verdienen als mit GnH. Also kam man auf die Idee, GnH vorerst auf Eis zu legen, um sich voll auf das von zahlreichen Computerspielern erwartete STO konzentrieren zu können. Durch diese Entscheidung konnten zwar laufende Kosten gesenkt werden, aber inzwischen warteten erste Lieferanten bereits auf ihr Geld. In dieser Situation kamen die Eigentümer auf die recht verwirrte Idee, die wertvolle Star-Trek-Lizenz und weitere Vermögensgegenstände zu einem eher „symbolischen“ Preis in eine neue Gesellschaft zu übertragen, die P2 Entertainment Incorporated. Die Perpetual Inc. würde man alsdann in die Insolvenz laufen lassen. Ein solches Vorgehen stellt in Deutschland einen Insolvenzstraftatbestand dar, weil man so die Gläubiger übers Ohr hauen kann, und auch in den USA scheint das wohl so zu sein. Der erste Gläubiger, der Krach schlug, war die Firma Kohnke Communications. Unternehmen wie Kohnke sind die „Mr. Fix-it“s der Entertainmentbranche. Sie wissen, wen man schmieren muss, um wohlwollende Reviews für ein Computerspiel zu bekommen. Kohnke sah sich um 80 – 250 Kilodollar betrogen, die bei Veröffentlichung des fast fertigen GnH fällig geworden wären. Spätestens jetzt wusste jeder, dass bei Perpetual/P2 etwas nicht in Ordnung ist, und das war der Faktor, der dem Unternehmen innerhalb kürzester Zeit die Luft ausgehen ließ. Man kann nur spekulieren, was hinter den Kulissen abgegangen ist, ob vielleicht die Viacom als Lizenzgeber der Marke Star Trek interveniert hat, oder ob die Gläubiger erfolgreich dafür sorgen konnten, dass die böswillige Übertragung von Vermögensgegenständen rückabgewickelt wurde und die werthaltigen Teile liquidiert wurden. Jedenfalls ist seit Mitte Januar ein bislang unbekanntes Entwicklerstudio aus Kalifornien im Besitz der STO-Lizenz sowie der künstlerisch erstellten Spielinhalte. Was nicht mit übertragen wurde war der Programmcode. Programmierer wissen, dass das nicht unbedingt schlecht sein muss, denn manchmal geht es schneller, selbst neuen Code zu schreiben als sich in Code und Werkzeuge eines fremden Entwicklers einzuarbeiten. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass sich STO damit nochmal um mindestens 2 Jahre verschiebt.

Der neue Entwickler soll angeblich die Firma Cryptic Studios sein. Das ist per se erstmal nicht schlecht. Die Truppe hat Online-Rollenspiel-Erfahrung und ist auch recht solide, so arbeitet man beispielsweise auch für Microsoft. Was mir ein wenig widerstrebt ist, dass Cryptic eher für Rollenspiele im Comic-Look steht. Na gut, auch Perpetual bewegte sich mit STO zuletzt in diese grafische Richtung, obwohl man früher Screenshots realistisch aussehender Raumschiffkulissen und eine ebensolche Akira veröffentlicht hatte. In ihrer Not hatte sich Perpetual auch dafür entschieden, das Spiel mehr „casual“ zu machen. „Casual Gaming“ ist eine neue Sau im Dorf, und bedeutet sinnentstellend verkürzt, dass man das Online-Spiel nicht traditionell per Monats-Abo bepreist, sondern die Spieler für „wertvolle“ Gegenstände separat zur Kasse bittet. Dies vorgeblich, um das Spiel auch für Gelegenheitsspieler interessant zu machen, aber hintergründig, um die Stammkundschaft besser auspressen zu können.

Der ultimative Sport für Leute, die keinen Bock auf eine wie auch immer aussehende massentaugliche Online-Umsetzung von Star Trek haben, die es ultra-realistisch mögen und gerne eine virtuelle 8-Stunden-Schicht auf der Brücke eines Raumschiffs schieben, ist wohl die RPG-X-Modifikation für das Spiel Elite Force 1.

Wer ein ungefähres Gefühl dafür kriegen möchte, wie ein nicht-comic-gestyltes STO ausgesehen hätte, sollte sich das Spiel Elite Force 2 anschauen. Das ist zwar kein Rollenspiel, sondern ein Shooter. Zwischen den Missionen kann man allerdings immer wieder eine sehr realistisch nachgebildete Enterprise-E erkunden und mit Nichtspieler-Charakteren interagieren. Wie man hört hatten die Leveldesigner Zugriff auf Original-Baupläne der Studiokulissen von Star Trek Nemesis. Brücke, Transporterraum, Maschinenraum, Hauptshuttlerampe… Es gibt praktisch keinen dramaturgisch relevanten Ort auf dem Schiff, den man im Laufe des Spiels nicht zu sehen bekommt. Wenn da bloß nicht die überbordenden Mengen an Gekröse wären, das man in den Levels dazwischen erschießen muss… Die Story ist allerdings ganz nett geworden. Und nachdem der letzte Gegner erledigt ist, gibt es noch eine Sache zu erledigen: Unser Vorzeige-Lieutenant muss mit seiner Herzdame zusammenkommen. Zur Wahl stehen eine blonde und praktischerweise schon halbnackte Idryll-Wissenschaftlerin namens Kleeya (kleiner Schönheitsfehler: Die Rasse sieht fast aus wie ein Mensch, hat aber nur vier Finger) oder die dem Lieutenant unterstellte, rothaarige (wir gehen also mal davon aus, dass die roten Haare auch im Jahr 2380 noch nicht ausgestorben sind…) und überaus durchsetzungsstarke Menschendame Ensign Telsia Murphy.

Sovereign-Klasse, Hauptshuttlerampe. Screenshot aus Elite Force II. Kleeya, Idryll. Screenshot aus Elite Force II. Ensign Telsia Murphy. Screenshot aus Elite Force II.

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Eine Antwort zu Ein Insolvenzdelikt, ein Neubeginn und eine heiße Affäre

  1. sodomedia sagt:

    vielleicht solltest du ein paar screenshoots posten.

    http://synapse.vgfort.com/display.php?filename=ef2_render_08.jpg
    http://synapse.vgfort.com/display.php?filename=ef2_render_10.jpg

    sowas in der Art. das würde zumindest den letzten Teil interssanter machen.

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