Ich klettere ja gerne auf den Trümmerfeldern verlassener Industrie- und Bahnanlagen herum. Gestern hatte ich die Gelegenheit, dies ganz offiziell mit dem Segen der Deutschen Bahn im alten Rangierbahnhof Dortmund Güterbahnhof zu tun. Fünf Stunden besichtigte eine Gruppe von gut zwanzig Eisenbahnfreunden den Bahnhof, darunter auch ehemalige und aktive DB-Mitarbeiter, die den Bahnhof noch aus der Zeit kannten, als dort noch Betrieb war.
Bevor es los ging sehen wir hier ein Gespann auf den benachbarten Gleisen der Dortmunder Eisenbahn, die in Dortmund die Hafenbahn betreibt.
Vorschriftsmäßig verkleidet geht es ab in die Botanik. Im Hintergrund das alte Bahnhofsgebäude von Dortmund Gbf. Es ist übrigens ein ziemlicher Verwaltungsakt, bevor "Zivilisten" auf Bahngelände herumlaufen dürfen. Da müssen verschiedene Stellen bei DB Netz informiert werden bis hin zur Bundespolizei, dem Wachdienst und dem Notfallmanager. Dies alles war nur dank des Engagements eines Eisenbahners aus der Netzniederlassung Hagen möglich.
Kollege Lokführer beim "Meldung machen". Leider hört am anderen Ende niemand mehr zu. Dieser Mann war noch zu Dampflokzeiten Lokführer in Dortmund Gbf.
Kohlendioxid-Feuerlöscher. Teilweise hatten diese Dinger ihre letzte Prüfung erst 2005 erlebt und müssten noch funktionieren.
Der alte Lokschuppen des Betriebswerks Dortmund Gbf. Wurde zuletzt noch als Güterwagenwerkstatt genutzt. Auch das ist aber schon lange her.
Im Juni 2007 hat die DB den Bahnhof endgültig aufgegeben. Seitdem haben überall schwerstens die Vandalen gehaust.
"Als ich diesen Wagen das letzte Mal fotografierte, waren noch Räder dran", so ein Expeditionsteilnehmer.
"Langsamfahrt mit 10 km/h erwarten". Das ist bald weniger als garnichts. Selbst als er noch in Betrieb war war der Bahnhof also schon in schlechtem Zustand.
Der Blockkasten im Stellwerk "Dro". Wenn sie nicht demoliert worden wäre, würde diese komplizierte Elektromechanik dafür sorgen, dass keine Weichen und Signale umgestellt werden, während sich ein Zug darüber bewegt. Dro war ein mechanisches Stellwerk der Bauart Willmann und wurde im Jahr 1900 in Betrieb genommen. Der letzte Fahrdienstleiter beendete seine Schicht hier am 30.6.2007. Die alte Technik war zwar körperlich anstrengend zu bedienen, aber nicht unsicherer als ein modernes elektrisches Stellwerk.
Stellhebel für Weichen, Sperr- und Hauptsignale auf Dro.
Das Örtchen im Keller von Dro.
Stellwerk Nt. Die links zu sehende Treppe ist schon viele Jahre wegen Einsturzgefahr gesperrt. Leider musste DB Netz feststellen, dass Metalldiebe die Aluminium-Nottreppe geklaut haben, so dass wir das Stellwerk nicht betreten konnten.
Auswurfeinrichtung für Hemmschuhe. Der Hemmschuh verschwindet nach links und der Wagen fährt geradeaus weiter. An dieser Stelle ist es vielleicht angebracht zu erklären, was in Dortmund Gbf gemacht wurde: Dieser Bahnhof war ein Rangierbahnhof. Von der Funktion her vergleichbar mit einem Paketverteilzentrum. Güterzüge wurden zerlegt und nach Zielbahnhöfen sortiert zu neuen Zügen zusammengestellt. Zur Zerlegung wurden die Züge über einen Ablaufberg gedrückt. Der Schwerkraft folgend rollten sie dann in ihr Zielgleis. Damit sie nicht zu schnell wurden und es zu "Auffahrunfällen" kam wurden die Wagen mit Hemmschuhen gebremst.
Beim mechanischen Stellwerk werden die Weichen und Signale über Drahtseile umgestellt. Damit die Seile temperaturunabhängig immer die gleiche Länge haben, gab es diese Spannwerke.
Blick von einem Stellwerk. Müsste sich um Stellwerk Mt handeln.
Blick vom Stellwerk Drw. Es fällt auf, dass im kompletten Bahnhof die Oberleitung demontiert wurde. Nein, es war nicht DB Netz die sie abgebaut haben. Die Fahrleitung ist geklaut worden. Das war natürlich eine sehr sportliche Aktion… In einem ganzen Bahnhof die Fahrleitung abräumen, ohne dass es jemand mitbekommt. Die Diebe wären wohl auch nicht geschnappt worden, wenn sie nicht ganz am Ende den Hals nicht vollgekriegt hätten. Sie kamen jedenfalls auf die Idee, am Abzweig Deusen einen Draht abzukneifen, der noch Spannung führte. Es gab einen fürchterlichen Knall und die Polizei war schnell vor Ort.
Drw war von der Technik her moderner als die mechanischen Willmann-Stellwerke. Es handelte sich um ein elektromechanisches Vierreihenstellwerk der Vereinigten Eisenbahn Signalwerke von 1932. "Das modernste was VES zu bieten hatte". Diese Bauart setzte sich aber nicht durch und hatte schon immer einen gewissen Seltenheitswert. Im Hintergrund ein Vergleichsfoto aus der Zeit bevor die Vandalen anrückten. "Drw war ein echtes Scheiß-Stellwerk", so ein ehemaliger Fahrdienstleiter. "Dauernd brannten die Sicherungen durch". Der Standort von Drw war darüber hinaus sehr unglücklich gewählt. Allseitig umgeben von Weichen kam es mehrmals zu Entgleisungen, bei denen Fahrzeuge in das Stellwerk krachten. "Der Kollege dachte, das Stellwerk bricht zusammen, so sehr wackelte das Gebäude". Da das Fundament eine Flachgründung war, dürfte sich der Standort des Stellwerks durch die Kollisionen über die Jahre um einige Zentimeter verschoben haben.
Dieses Hauptsignal wird nie mehr die Ausfahrt freigeben. Selbst wenn man die Gleise heute wieder freischneiden würde, die Bahnhofstechnik ist soweit zerstört, dass ein Neubau billiger käme.
Als diese marode Brücke vor kurzem zur Stabilisierung zwei Mittelpfeiler bekam, hat man das Betonfundament ganz einfach quer über die noch liegenden, aber stillgelegten Gleise gegossen – scheiß drauf, ob das Gelände nochmal bahnerisch genutzt werden soll…
"Oberbauversuch BZA München, Härten von Weichenzungen, Vergleichsweiche 142". Man wüsste ja gerne, wie der Oberbauversuch seinerzeit ausgegangen ist…
Das alles sieht sehr hoffnungslos aus. Es soll bald aber wieder Leben in den Dortmunder Güterbahnhof kommen, zumindest in den Bereich am Westberg. Die Dortmunder Eisenbahn will der Wirtschaftskrise trotzen, das Gelände von DB Netz kaufen, um dort einen Containerbahnhof zu errichten, da der Dortmunder Containerhafen aus allen Nähten platzt. Auch wenn nur ein Teil von der DE genutzt würde, wird der gesamte Bahnhof von der DB an die DE abgegeben. Da sich die Dortmunder Eisenbahn bei Besichtigungswünschen immer etwas merkwürdig anstellt könnte die Aktion gestern die letzte ihrer Art gewesen sein. Das Gelände wurde bereits vermessen und ein Gleiszugang vom DE-Netz zum Güterbahnhof abtrassiert. Es soll sich nun bald etwas tun.
wie kommt man zu diesem bahnhof?
mich interessieren solche sachen sehr 😀
Sehr gute Seite!!!
Hier mal noch zwei Videos von mir:
altes Haus in Völklingen
http://www.youtube.com/watch?v=beGxMxVRrUM
verlassener Kaufhof
http://www.youtube.com/watch?v=YyzOuDsL8PU
Ich war letztens dort und ich muss sagen , dass dort nichtmehr viel übrig ist. Im Stellwerk Dro wurde die Toilette mit Fäkalien nur so vollgeschmiert und ein Plüschhase draufgesetzt (was übrigen extrem gruselig und lustig zugleich ist) als auch die Stellhebel. Diese sind völlig verrostet. Dro von innen ähnelt einem Schlachtfeld aus Glas, Farbe und alten Metallstücken. Die anderen Gebäude die dort irgendwann im Wald kommen werden von Obdachlosen zugemüllt und als Unterkunft verwendet. Gleiches bei dem Häusern auf der Seite der Straße. Obdachlose Jugendliche wollen dort Hausen und hinterließen 2 Zettel wo sie ihre missliche Lage erklärten. Die Keller sind komplett leer oder in ihnen steht ein einziger Stuhl( perfekt für Horrorfilme). Als LostPlace Liebhaber leider ein viel zu verwüsteter Ort aber Bilder kann man dort auch gut machen. Die Halle wird von Sprayern, wie mir gesagt wurde, als legaler Ort zum sprühen verwendet. Oft ist dort nur ihr Tag aber auch richtige Kunst anzufinden. Dortmund hat viele Industrielle Ruinen die sich wundervoll zum Fotografieren als auch zum Entdecken eignen. Die alte Kronenbrauerei mit ihrem Kühlturm oder die ehemalige hörder Feuerwache welche selbst unterirdische Kriechgänge vorweist.