Fine mrtve djevojke

Nein, mein Blog ist nicht kaputt. Das da oben ist der Originaltitel eines kroatischen Films. In Deutschland segelt der Streifen unter dem Namen "Schöne tote Mädchen". Ein Film des "neuen kroatischen Kinos". Der Osten ist wirklich schwer im Kommen. Die Kroaten haben den Film neu erfunden. Wir sollten sie in die EU aufnehmen…

Es geht, um den Regisseur zu zitieren, um "zwei Lesben die in einem Haus wohnen". So simpel kann ein Film sein. Neues kroatisches Kino pur. Das Land ist übrigens katholisch. Viel katholischer als das Sauerland. Um den Film ins Rollen zu bringen, bevölkert das Drehbuch dieses Haus mit allerlei seltsamen Charakteren: Die Vermieterin Olga. Sehr katholisch. Ihr Sohn Daniel. Der ist Einzelhändler und mir daher sofort suspekt. Außerdem ist er schwerpunktmäßig schwanzgesteuert. Ihr Mann Blaz. Ein abgeklärter Typ. Später, wenn die Dinge ihren Lauf nehmen, stellt er sich als einziger heraus, der noch klar denken kann. Herr Lasic. Hat im Bürgerkrieg gekämpft. Heute kämpft er gegen seine Frau, weil er’s nicht fertigbringt einen Sohn zu zeugen. Und er führt Krieg gegen die Vögel, die ihm immer wieder auf die kroatische Flagge kacken ("verfluchte Tschetniks mit Flügeln"). Herr Rukavina. Hat den schlimmsten Schaden von allen. Bewahrt seine verwesende tote Frau im Wohnzimmer auf. Lidija. Verdient ihr Geld meist im Liegen. Eigentlich nicht dumm die Frau. Und nicht so sehr katholisch. Dr. Peric – zu ihm geht Frau, wenn sie ein Problem hat. Zum Beispiel eine ungewollte Schwangerschaft durch Inzest mit dem Bruder ("die Kinder haben wieder mal im Heu gespielt").

Iva und Mare ziehen also in dieses Haus ein und sind erstmal die netten neuen Nachbarn. Die erste halbe Stunde bringt der Film damit zu, die Mitbewohner und ihre Marotten zu porträtieren. Ist auch alles ganz lustig, wenn Lasic die Tschetniks verflucht oder Daniel beim Oralverkehr mit Lidija gestört wird und parallel Wein verkaufen muss. Den Stein ins Rollen bringt Mares Vater, der plötzlich von irgendwoher auftaucht und wohl noch eine Rechnung mit seiner lesbischen Tochter offen hat. Er ist definitiv katholisch und setzt Lidija auf Iva an (der Zweck heiligt hier die Mittel. Solange die Hure ihre Kleider anbehält…), um das Pärchen zu outen. Der Versuch scheitert zunächst kläglich. Dass mit den Mädels was nicht stimmt, ahnt aber auch Daniel, der es ums verrecken nicht schafft, bei Iva zu landen. Er spielt Mäuschen und erwischt die beiden beim rumlecken. Olga, die alte Hexe, wird zur treibenden Kraft beim Rauswurf der Lesben. Aus Sticheleien werden Tätlichkeiten und Beleidigungen. Schließlich werden Menschen verletzt und kommen zu Tode.

Die Story ist eingebettet in eine leicht unsinnige Rahmenhandlung rund um ein entführtes Baby (Resultat einer Vergewaltigung von Iva durch Daniel). Dramaturgisch nicht notwendig. Irgendjemand wird sich wohl gesagt haben "hey, Rückblenden sind cool". Dem Making-Of ist außerdem zu entnehmen, dass das Filmteam echt stolz darauf ist, einen gewissen Farbkontrast zwischen die "kühle" Gegenwart mit dem verschwundenen Blag und die "warme" Vergangenheit mit der Lesbenjagd im Haus gebracht zu haben.

Stichwort Making-Of. Eine wirklich gute Zugabe auf der DVD. Nicht lieblos hingeklatscht und auch schön lang.

Der Film ist natürlich eine Gesellschaftskritik. Als Nicht-Kroate hat man’s natürlich schwer, da groß zu interpretieren. Innerkroatische Befindlichkeiten halt. Intoleranz. Gewalt. Ein vom jüngsten Krieg nachhaltig beeinflusstes und traumatisiertes Volk. Ja, und nennen wir die Dinge beim Namen. Unaufgeklärter Katholizismus. Das sind die Haupt-Topics, die den Drehbuchschreiber bewegt haben. Das Land hat augenscheinlich etwas zu bewältigen. Deshalb ist "Schöne tote Mädchen" auch Teil einer Trilogie. Die beiden anderen Teile haben es wie ich es sehe noch nicht nach Deutschland geschafft. Aber neues kroatisches Kino rockt.

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