Einmal im Jahr haut RTL die Gelder aus der Kaffeekasse auf den Kopf und lässt einen teuren Spielfilm produzieren. Dieses Jahr war es der Dreiteiler "Die Patin – Kein Weg zurück" mit Veronica Ferres.
Katharina Almeda (V. Ferres) lebt ein typisch durchschnittliches Leben in der oberen Mittelklasse unserer Gesellschaft. Sie hat einen beruflich erfolgreichen Ehemann und zwei verzogene Plagen am Rockzipfel – eine kleine Tochter die noch nichts merkt und einen renitenten Sohn in einer "schwierigen Phase".
Als man eines Tages ihren Mann verhaftet, glaubt sie noch, es ginge um Steuerhinterziehung. Langsam kommt sie dahinter, dass ihr Mann Max gar nicht der Agrarimporteur ist, für den sie ihn hielt, sondern in den besten Kreisen der Welt verkehrt und Geschäfte einfädelt – mit Drogenbossen, Waffenschiebern, Terroristen. Max Almeda geht mit der edlen Absicht in den Film, das zwielichtige und nicht ungefährliche Leben am Rande der Unterwelt aufzugeben und sich fortan um seine bislang zu kurz gekommene Familie zu kümmern. Dazu paktiert er mit dem Bundesnachrichtendienst, um ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen zu werden. Durch den Verlauf der Ereignisse entgleitet ihm die Lage jedoch – und die ahnungslose Hausfrau Katharina muss ihrem Mann und ihrer Familie den Arsch retten und dazu mehrere Deals mit der Unterwelt durchziehen.
Der Film macht durchaus einiges richtig. Schon nach wenigen Szenen mit Opa Almeda schafft es der Film, zuverlässig Aggressionen bei mir zu wecken, wenn ich den senilen Tattergreis bloß sehe, weil er in seiner Demenz eigentlich alles verbockt und nichts peilt. Die sich langsam entfaltende Hintergrundstory hat etwas für sich und könnte eigentlich für sich selbst stehen mit ihrem komplexen Gewirr aus Mafiabanden, gegeneinander arbeitenden Geheimdiensten und verschwörerisch agierenden Interessengruppen. Und deshalb empfand ich Frau Ferres als durch den Film baselndes Muttertier, das seine verdorbene Brut gegen die widrigen Umstände verteidigt, als geradezu störend. Damit fällt natürlich die Grundidee des Films gnadenlos durch: Veronica Ferres als fesche Gangsterbraut, allerdings mit Kind und Kegel im Schlepptau, während sie mit konspirativen Gestalten Geschäfte macht. Hier meine Idee für das vielleicht bessere Drehbuch: Max wird nach wie vor zum Opfer der diversen Intrigen und muss das Leben seiner Familie retten. Katharina kann ihm meinetwegen dabei helfen. Ich sehe halt gerne souveräne Hauptfiguren, die wissen was sie tun.
In diesem Zusammenhang war es geradezu eine Wohltat, dass Katharina gegen Ende der Trilogie tatsächlich von ängstlichem Opfer auf taffe Mafia-Patin umschaltete. Es gibt allerdings ein Problem mit dem großen Finale: Der Drehbuchautor hatte wohl eine gewerkschaftlich garantierte 35-Stunden-Woche und war anscheinend nicht bereit, Überstunden einzulegen. Den eigentlichen Höhepunkt hat der Film dadurch deutlich merkbar bereits etwa 45 Minuten vor dem Ende, als Katharina ihren Sohn mit Hilfe eines LKW (hat dort Daimler-Benz strategisch günstig den neuen Actros MP3 im Film platziert?) aus den Händen gefährlicher Mafiosi retten muss. Danach tritt folgendes ein: Im Film passieren Dinge. Ganz mysteriöse Dinge. Denn der Film erklärt praktisch nicht mehr, was passiert und warum es passiert. Irgendwie werden die bösen Jungs ihrer harten aber gerechten Strafe zugeführt, es gibt ein Happy End – und ich habe als Zuschauer keine Ahnung warum. Die ganze Sinnentleertheit manifestiert sich für mich in der Figur der Marie – sie fängt sich zu Anfang des 2. Teils des Films eine Kugel und gehört eigentlich entsorgt – stattdessen torkelt sie schwer verletzt weiter durch die Gegend. Sie tut nichts sinnvolles mehr, außer gegenüber Max‘ Sohn das Statement "du hast seine Augen" abzugeben und einen letzten explosiven Handlungsschub auszulösen, dessen Signifikanz ich leider nicht einschätzen kann, weil der Film wie gesagt nichts mehr erklärt. Ich kann nur vermuten, dass Marie in einem der Särge liegt, die man am Ende zu Grabe trägt, damit Familie Almeda in Argentinien neu anfangen kann.