Kettensägen-Massaker

Heute war mal wieder so ein Tag an dem mir klar wurde, dass ich irgendwo ganz tief drinnen doch ein Bauer bin, ob ich will oder nicht, genauer ein Forstwirt. Jedenfalls besitzt unsere Familie noch ein paar Reststücke Wald, in denen durch Kyrill mehr als ein paar Bäume umgefallen sind. Am heutigen Abend hatte die Forstbetriebsgemeinschaft zum Info-Abend ins Rathaus von Bestwig eingeladen, um uns Waldbauern zu erklären, was der Vorstand und das Forstamt sich an Krisenplänen ausgedacht haben. Erste Erkenntnis: Die Gemeinde Bestwig hatte es verschwitzt, den Hausmeister für uns Überstunden machen zu lassen, so dass wir erstmal vor dem verschlossenen Rathaus standen. Gut dass die Gemeinde so klein ist und hier im Sauerland jeder jeden kennt. So konnte man einfach auf dem kurzen Dienstweg den Bürgermeister aus dem Wochenende telefonieren, der uns dann das Rathaus aufsperrte. Er hat dann auch wo er schonmal da war der gesamten Veranstaltung beigewohnt. Respekt dafür. Dieser Mann ist am Puls der Kommune.

Es stellen sich nach dem Sturm im wesentlichen drei Probleme. Das kleinste ist die Aufarbeitung des Sturmholzes. Das ist beherrschbar. Ich weiß seit heute dass es regelrechte Harvester-Nomaden in Europa gibt, die mit ihrem schweren Gerät immer dorthin kommen, wo gerade die Bäume umgefallen sind. Im Moment stehen diese Maschinen in Schweden und werden bald in Richtung Sauerland verladen. Das zweite Problem ist der Verkauf. Den will man über eine Solidargemeinschaft regeln, zu der sich die FBG nun entwickeln soll. Das schmeckt natürlich einigen Waldbauern nicht, die noch der Hoffnung nachhängen, für ihr eigenes am Waldrand liegendes Holz einen besseren Preis als nachher die FBG zu bekommen, die ihre Erträge aus der Räumungsaktion nach dem Durchschnittspreis-Prinzip an die Mitglieder verteilen wird. Die gute Nachricht ist: Egoismus wird schon bald nicht mehr funktionieren. Die Forstämter vermitteln wegen der Krise keine Einzelverkäufe mehr, und auch die Sägewerker haben kein Interesse an Einzelverträgen, wenn sie bequeme große Verträge mit den FBGen machen können. So werden letztendlich vermutlich fast alle in die Solidargemeinschaft gezwungen. Ein Problem ergibt sich für die schnarchige FBG: Sie muss sozusagen richtig durchstarten und von der reinen Interessenvertretung zum wirtschaftlichen Verein werden und erstmals in ihrer Geschichte selber Holz verkaufen und von den Waldbauern ankaufen. Das hat der jetzige Vorstand bei seinem Amtsantritt sich sicher nicht träumen lassen. Vor allem ist das alles viel Arbeit, die die bislang ehrenamtlichen FBG-Menschen nicht mehr leisten können. Es müssen Buchhalter usw. her, und für die Anschubfinanzierung Kredite aufgenommen werden, sonst sind die Harvester ruckzuck wieder in Schweden. Die FBG wird sozusagen erwachsen werden.

Das größte Problem wird aber die Logistik. Eigentlich ist genug Nachfrage da. Sie ist bloß nicht in Nordrhein-Westfalen. Es wird massig Holz nach Süddeutschland oder nach Frankreich gekarrt werden müssen. Mit der Deutschen Bahn AG ist nicht wirklich zu rechnen. Jetzt rächt sich, dass die Gleise im Sauerland zumeist abgebaut wurden. Die für den Holztransport geeigneten Snps-Wagen fahren heute überwiegend für die Stahlindustrie, und die Bahn AG ist nicht wirklich bereit, sie aus diesen Diensten abzuziehen. Auf lokaler Ebene besteht die Gefahr, dass das aufgearbeitete Holz nicht abfließen kann und die wenigen Lagerflächen daher innerhalb kurzer Zeit volllaufen. FBG und Forstamt müssen ein echtes Logistik-Puzzle lösen. Aufarbeitung und Abtransport müssen so gut wie möglich aufeinander abgestimmt werden. Es ist übrigens absehbar, dass im Jahr 2010/11 eine ziemliche Holzknappheit eintreten wird, da zu viele Stämme umgefallen sind, die man bis spätestens 2009 aus den Wäldern holen wird. Im Moment ist man recht hektisch dabei, Leute zu überreden, Risiko auf sich zu nehmen und Holz einzulagern.

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Eine Antwort zu Kettensägen-Massaker

  1. tth sagt:

    also ich finde das wort Holzvollernter wesentlich schöner als so doofe anglizismen

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