Alle zusammen, jeder für sich

Reinhard Günzel, ehemals Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte, hat wieder einen losgelassen. Und zwar stellt er in einem Buch das KSK in eine Tradition mit der Wehrmachts-Spezialdivision „Brandenburg“, und löst damit mal wieder einen kleinen Skandal aus. Die Bundeswehr hat ja ein durchaus ambivalentes Verhältnis zu den Streitkräften ehemaliger deutscher Staaten, um es mal vorsichtig zu formulieren. Offizielle Linie ist sicherheitshalber, dass man sich nicht in Tradition der Wehrmacht sieht. Günzel und seinem Mit-Schreiberling Ulrich Wegener (hat seinerzeit die GSG9 gegründet) geht es in Sachen Tradition vor allem um Korpsgeist und Kameradschaft. Ihre Kritiker stoßen sich jetzt daran, dass die „Brandenburger“ es bei ihren Kommandounternehmen seinerzeit zum Beispiel mit der korrekten Uniformierung nicht so genau genommen haben und  in der Uniform des Feindes oder in zivil gekämpft haben. Beides ist nach Haager Landkriegsordnung verboten, und die „Brandenburger“ damit Kriegsverbrecher.

Wie auch immer, mir geht es um etwas ganz anderes. Nämlich um Hans-Peter Bartels, SPD-Politiker im Verteidigungsausschuss, der im Zusammenhang mit dem Günzel-Buch Handlungsbedarf sieht, weil die Heeres-Spezialkräfte offenbar „voller Dünkel gegenüber der verweichlichten Welt der Zivilisten wie auch gegenüber der Rest-Bundeswehr“ seien. Das wundert mich eigentlich. Bartels hat selber gedient und hat hoffentlich den Kontakt zur Truppe nicht völlig verloren, er müsste wissen wie es in der Bundeswehr zugeht. Man sollte mal einen Fallschirmjäger in voller Fahrt erleben, wenn er über die verweichlichten Zivilisten, den verweichlichten ZSanDienst oder die verweichlichten Panzerfahrer herzieht, die ja nicht wie er Mann gegen Mann kämpfen und daher keine richtigen Soldaten sind. Fallschirmjäger und der ganze Rattenschwanz an Unterstützungstruppen sind nunmal etwas besonderes, mithin die Elite, und sehen sich zurecht als die kämpfendste aller kämpfenden Truppen. Standesdenken ist etwas völlig normales. Der Mensch definiert sich immer in Abgrenzung zu anderen Menschen und betont, was ihn unterscheidet. Und das ist weiß Gott kein auf die Spezialkräfte beschränktes Symptom. Sowas gab es auch bei meinen Sanitätern, allerdings eine Nummer kleiner, wo man halt betonte, dass man im Zweifel mehr draufhabe als die wenig kompetenten Panzerpioniere oder die ach so stolzen Fallis (deren Uffze und Offze gerne zu uns in den SanDienst strafversetzt wurden, wenn sie Dreck am Stecken hatten – bei uns konnten sie weniger Schaden anrichten). Das funktionierte sogar im Kleinen innerhalb des Regiments, wo meine 4. Kompanie die 5. nicht für voll nahm, weil die nur die Apotheke verwaltete, während wir die Ausrüstung hatten, die Spaß machte, also vor allem Autos, und ganz wichtig, den KOM-Zug (Kraftomnibusse). Wir mussten somit nie zu Fuß gehen. Und über verweichlichte Zivilisten brauchen wir gar nicht sprechen. Es geht mir im Grunde ganz gewaltig gegen den Strich, dass ich im Verteidigungsfall die renitenten Zivis, die sich vor dem Wehrdienst gedrückt haben, mitverteidigen soll…

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