Es lebt!

1999 habe ich zum letzten Mal einen Microsoft Flight Simulator geflogen, und mir eigentlich geschworen, für alle Zeiten die Finger von ziviler Flugsimulation zu lassen. Trotzdem habe ich mir jetzt mal Microsofts neuesten Simulator angesehen, den FS X. In den acht Jahren hat sich wirklich ne Menge getan, vor allem von der Grafik her. Man kann sagen, die Welt im FSX lebt. Sie besteht nämlich nicht mehr ausschließlich aus matschigen Bodentexturen, optimiert für die Ansicht aus großen Höhen, und den allernotwendigsten markanten Gebäuden, sondern auch aus Häusern, Bäumen und sogar fahrenden Autos. Man hat sofort ein ganz anderes Gefühl, wenn man in einer nicht mehr ganz so toten Welt fliegt. Der Haken ist, dass man einen ziemlichen Hammer von Rechner braucht, um den FSX in voller Schönheit genießen zu können. Selbst mein schnellstes Eisen, ein Athlon 64 4000+ mit 2 GB RAM und einer nagelneuen Radeon X1950 kommt bei maximalen Details derbe ins Stottern. Damit dürfte dann auch klar sein, was man mit der Rechenleistung zukünftiger Rechnergenerationen anfangen kann: Die Grafik könnte noch fotorealistischer werden, der Wiedererkennungswert der Landschaft noch höher. Letzteres bedeutet natürlich, dass irgendjemand massiv Handarbeit in die Landschaft investieren muss. Teilweise wird sowas ja schon als Add-On verkauft, zum Beispiel für den Airport Rhein-Main. Einem Buschpiloten wie mir wird wohl noch viele Jahre nicht erspart bleiben, dass am Südende der Startbahn von Meschede-Schüren zwei Häuser im Simulator rumstehen, wo in der Realität nichts als Gras und Sonne ist. Eine wirkliche Staumauer für den Hennesee hat es nicht, auch ein Stadtzentrum ist nicht wirklich erkennbar. Tatsächlich habe ich im FSX bislang keine einzige Kirche gesehen, obwohl diese Gebäude doch wirklich markant sind. Man braucht bisweilen etwas Fantasie beim "Interpretieren" der Landschaft. Ein mehrstöckiges Gebäude auf einem Hügel in der Nordstadt könnte man zum Bernhard-Salzmann-Haus erklären. Immerhin ist die Autobahn deutlich auszumachen, und wer danach sucht, findet auch die Bahnstrecke, die alte Bundesstraße und den Kreuzungspunkt der beiden selbigen, vulgo einen gewissen Bahnübergang ganz in der Nähe meines Hauses. In Norfolk (Virginia) wollte ich mich auf Sightseeing im Marinehafen begeben, und tatsächlich findet man dort auch einen Flugzeugträger, aber wo ist der Rest der Atlantikflotte?

Screenshot aus Flight Simulator X: Die Stadt Meschede, im Vordergrund der Hennesee mit nicht vorhandener Staumauer.

(Die Stadt Meschede mit Henne-"Staumauer" im Vordergrund) 

 Screenshot aus Flight Simulator X. Nennen wir es Meschede-Enste...

 (Autobahn A46, ungefähr Meschede-Enste)

Was es vor acht Jahren soweit ich mich erinnere auch noch nicht gab, sind kleine Missionen rund um die Welt. Microsoft hat sich bemüht, dabei ein wenig Action ins Spiel zu bringen, so wird aus einem Routinetransport zu einer Bohrinsel plötzlich eine Rettungsaktion, weil die Plattform explodiert. Zusammen mit dem schlechten Wetter ergibt sich ein echt fordernder Hubschraubereinsatz. Manchmal denkt man sich echt nichts böses, hat gerade ein paar Passagiere in Tokio-Narita abgesetzt, als einem der Co-Pilot erklärt, dass er ein Spion der britischen Regierung ist und einen bittet "verfolgen Sie dieses Flugzeug!". Ich vergesse mal für einen Moment, dass ich als aufrichtiger japanischer Staatsbürger diesen Mann eigentlich melden müsste und lasse James-Bond-Gefühl aufkommen. Leider gibt es wie ich finde viel zu wenige Einsätze. Die Flugstunden-Missionen hat Microsoft ganz gut gelöst, auch für den Hubschrauber, der mir ja ganz besonders am Herzen liegt. Schwebeflug wird interessanterweise überhaupt nicht ausgebildet, dafür hat es eine Übung für "Landung in einem Zug", wie ich sie nenne, also Landung des Helis aus der Bewegung ohne minutenlanges herumschweben, sondern wenn man möchte auch gegen die Zeit. Es kommt im Kern darauf an, rechtzeitig Power rauszunehmen und den Gleitpfad abzuschätzen.

Stichwort Gleitpfad. Der "Rückschritt" zum Zivilflugsimulator hat mir gezeigt, dass ich als Pilot durch Falcon 4.0 wohl fürs Leben verdorben bin. Eine Cessna fliegt man nunmal nicht wie eine F-16, vor allem ist es eine schlechte Idee, in Kurven massiv G-Kräfte zu ziehen. Die F-16 hat einen Flight Path Indicator (FPI), der auf die Frontscheibe projiziert wird und einem zeigt, wohin das Flugzeug fliegen wird. Das macht zum Beispiel Landungen denkbar einfach. Ich setze den FPI auf die Landebahnschwelle, und der Jet wird dort aufschlagen. Damit das nicht passiert fange ich die Maschine ab und ziehe den FPI die Landebahn entlang, bis die Luzi aufsetzt. Das Verfahren ist im wahrsten Sinne des Wortes soldatensicher. Als nicht-militärischer Pilot habe ich den Luxus eines FPI aber nicht, sondern muss irgendwie abschätzen, wie denn mein Gleitpfad aussieht. Ich bin daher im FSX bereits überall gelandet, vor allem im Maisfeld vor der Landebahn oder im See dahinter.

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Eine Antwort zu Es lebt!

  1. tth sagt:

    kann man flugsimulatoren nicht irgendwie mit google earth verbinden?

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