Hätte gestern die einmalige Gelegenheit gehabt, Jo Reichertz, Kommunikationswissenschaftler von der Uni Duisburg-Essen (und damit einer von Steffis Profs) kennen zu lernen. Höhere Mächte haben das erfolgreich verhindert. Sein Vortrag zum Thema „Gerichts- und sonstige Voyeurshows“ fand in den Räumen der katholischen Hochschulgemeinde in der Ostenbergstraße in Barop statt. Leider ist ganz Groß-Barop eine einzige Baustelle, so richtig mit Straßenvollsperrungen, und ein unsinniges Einbahnstraßensystem kam noch dazu. Ich habe mich in meiner gesamten Dortmunder Zeit noch nie so derbe verfahren wie gestern Abend. Es ist mir nicht gelungen, die Ostenbergstraße zu erreichen. Ich war dann ziemlich gefrustet, und bin stattdessen zur Uni gefahren, wo der Uni-Film-Club „Dänische Delikatessen“ vorführte.
Im Uni-Film-Club muss es eine starke Fraktion von Fans des dänischen Regisseurs Anders Thomas Jensen geben. Der hat u.a. „In China essen sie Hunde“ und „Flickering Lights“ verbrochen, zwei höchst amüsante Filme. Gestern also ein weiterer Jensen-Streifen, „Dänische Delikatessen“. Es dreht sich quasi um die dänische Fleischbranche, also gewissermaßen genau mein Thema…
Zwei Freunde, die Fleischergesellen Svend und Bjarne, wollen sich gerne mit einer eigenen Fleischerei selbstständig machen. Bjarne veranlasst zwecks dessen, dass bei seinem seit Jahren im Koma liegenden Bruder der Stecker gezogen wird, damit Bjarne an das Erbe rankommt. Schon am ersten Tag passiert ein Missgeschick: Ein Elektriker wird im Kühlhaus eingeschlossen und erfriert dort. Svend kommt auf die verwirrte Idee, den Elektriker über die Theke als Filet zu verkaufen. Das ganze Dorf ist über den Geschmack dieser angeblich auf Hühnerfleisch basierenden Spezialität begeistert, und der Laden brummt. Svend, ein Looser wie er im Buche steht, kommt daher auf die noch verwirrtere Idee, dass man im Sinne langfristiger Erfolgssicherung für weiteren Fleischnachschub sorgen müsse („ich habe einen kleinen Schweden im Park gefunden“). Bjarnes Bruder erwacht aus seinem Koma, als das Beatmungsgerät abgestellt wird. Dumm nur, dass sein Erbe bereits in die Fleischerei investiert ist… Überdies schöpft Svends alter Chef langsam Verdacht: Bei Fleischereien ist es tendenziell so, dass vorne die Menge rausgeht, die hinten reingeht. Svend und Bjarne haben aber nur ganze acht Hühner bezogen.
Kollege Hamich würde den Film wohl als uninteressant bezeichnen, weil die Kannibalismus-Story komplett unblutig abgewickelt wird. Es liegen bloß dann und wann ein paar abgetrennte Hände in der Fleischerei rum, und zu einem Zeitpunkt wird eine Requisite durchs Bild geschoben, die wir Fleischer wohl als Vorderviertel bezeichnen würden, wenn sie vom Rind und nicht vom Menschen käme (das ganze Ding sieht von innen übrigens verdächtig nach Schwein aus, außen wurde wohl mit Modelliermasse eine Brust angeformt, aber ich hab nix gesagt – jaja, das Budget…). Der Film lebt davon, alle paar Minuten mal einen deftigen Spruch zu kloppen. Ich wurde nicht richtig warm damit. Ich kann es schlecht artikulieren, aber irgendetwas fehlte. Wahrscheinlich lag es mit daran, dass die Filmfiguren keine wirklichen Sympathieträger sind, was besonders auf Svend zutrifft. Das Happy End ist eines zweiter Klasse: Nur durch einen glücklichen Zufall schaffen die beiden es, dass sie mit ihren Taten wohl davonkommen. Das ist wenig überzeugend.
Überhaupt scheint es nicht so viele Schauspieler in Dänemark zu geben. Filme von Anders Thomas Jensen sind hochgradig inzestös: Den Darsteller des Bjarne hat man auch schon bei „In China essen sie Hunde“ und „Flickering Lights“ gesehen, Mads Mikkelsen (Svend) ebenfalls bei Flickering Lights, und der Regisseur Jensen ist mit Line Kruse verheiratet (ebenfalls „In China essen sie Hunde“).
Kollege Hamich hat den Film schon vor über zwei Jahren gesehen und für gut befunden!!!
http://www.planlos-blog.de/blog/94
Anders Thomas Jensen hat bei „in China essen sie Hunde“ meines Wissens nur das Drehbuch geschrieben.
und um diese Unterstellung richtig zu stellen, habe ich meine Kritik zu dem Film mal ne Spur überarbeitet und neu gepostet.
Anders Thomas Jensen