Die rauchenden Trümmer der CMA

Am 3. Februar 2009 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Zwangsabgaben der Landwirte für die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA, „Absatzfonds“) verfassungswidrig sind. Da die Zwangsbeiträge den größten Posten im Etat der CMA ausmachten und eine Fortführung ohne dieses Geld nicht sinnvoll erschien, wurde beschlossen, die Organisation zu liquidieren.

Originäre Aufgabe der CMA war mal, für deutsche Lebensmittel im Ausland Werbung zu machen.Auch im Inland hat sie für Agrarprodukte getrommelt. Was branchenfremde Menschen aber wohl nicht wissen: Außer der Werbung hing an der CMA noch ein ganzer Rattenschwanz an sonstigen Aktivitäten, die jetzt samt und sonders gestoppt wurden. Da gab es zum Beispiel Qualitätswettbewerbe, wo den daran teilnehmenden Unternehmen goldene und sonstige Preise zugeschustert wurden. Solche Wettbewerbe zeichnen sich dadurch aus, dass nicht „Deutschlands bester Schinken“ die Goldmedaillie bekommt, sondern jeder bekommt eine, der sich bei der Prüfung keine Minuspunkte einfängt. Mit so einem Preis konnte man gut Werbung machen. Auf diesem Gebiet bleibt derzeit nur die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft DLG (deren Prüfer allerdings nach meiner Meinung in der Vergangenheit manchmal etwas merkwürdige Entscheidungen bei den Wettbewerben trafen – ich will nicht behaupten, dass die DLG-Prüfer „keine Ahnung“ hatten, aber die Ergebnisse der CMA-Prüfungen waren insgesamt nachvollziehbarer).

Mit dem Ende der CMA stand plötzlich ein deutschlandweiter Zerlegeversuch auf der Kippe. Bei diesem Versuch werden 300 Schweine aus ganz Deutschland in ihre drei Bestandteile Muskelfleisch, Fettgewebe und Knochen seziert. Wenn man damit fertig ist, taugt das ganze Schwein natürlich nur noch als Hackfleisch. Man muss diesen Aufwand allerdings treiben, weil die zur Abrechnung von Schlachtschweinen eingesetzten Berechnungsformeln alle paar Jahre nachjustiert werden müssen. Die Züchtung macht ja gewisse Fortschritte in die eine oder andere Richtung. Die letzten Jahre brachten uns beispielsweise das „Normschwein“. Das Normschwein ist sowas wie der Otto Normalverbraucher unter den Schweinen. Es ist ein theoretisches Schwein, das so aussieht, wie die großen Abnehmer der Fleischbranche das Schwein gerne hätten. Um ein echtes Schwein auf die Übereinstimmung mit dem Normschwein zu prüfen und um es abrechnen zu können, wird der Kadaver am Schlachthof vermessen. Dazu stehen verschiedene Messgeräte zur Verfügung, darunter das FOM (Fat-o-Meater) oder das AutoFOM. Das FOM ist eine Sonde, die an einer bestimmten Stelle im Schwein die Fett- und Fleischdicke misst. Das AutoFOM wird vor allem von den großen Schlachthöfen eingesetzt. Es ist eine automatische Anlage, die das Schwein mit Ultraschall vermisstund die Gewichte der wichtigsten Teilstücke zu schätzen versucht. Das Problem an den Verfahren ist, dass sie nur sehr bedingt vergleichbar sind. Ein mit dem FOM ermittelter Muskelfleischanteil MFA kann sich erheblich vom MFA unterscheiden, den das AutoFOM festgestellt haben will. Um die absurden Messergebnisse und die Realität wieder mehr zur Deckung zu bringen, gibt es alle paar Jahre die Probezerlegungen. Dass diese von der CMA mitfinanziert wurden, wusste ich allerdings bislang auch noch nicht.

Eine weitere Aktivität der CMA, die derzeit von uns schmerzlich vermisst wird, ist die Zentrale Markt- und Preisberichterstattung (ZMP). Irgendwelche Leute von der ZMP beobachteten die Märkte und veröffentlichten wöchentlich die beobachteten Preise. Man fragt besser nicht danach, auf Basis von wievielen Transaktionen diese Preise ermittelt wurden, Tatsache ist aber, dass die ZMP-Preise gerne zur Preisbildung von allen möglichen anderen Geschäften genommen wurden. Nachdem die ZMP Ende April die Arbeit eingestellt hat, weiß derzeit niemand so recht, was im Markt vor sich geht. Eine Nachfolgeorganisation mit dem Namen AMI soll in diesen Tagen die Arbeit aufnehmen. Wer jetzt Preise festlegen will, muss sich irgendwie behelfen. Im Schinkenbereich orientieren wir uns hilfsweise an den Preisen für Schweinehälften. Diese haben den Vorteil, dass sie in Hannover börsennotiert sind. Verschiedene Marktteilnehmer versuchen zwar, einen derzeit über den Tisch zu ziehen, indem behauptet wird, dass die Preise für Edelteile wie Schinken und für Schweinehälften überhaupt nicht vergleichbar seien. In der Vergangenheit war es aber so, dass der Schinken Hamburger Rundschnitt einen Korrelationskoeffizienten von 0,94 zu den Schweinehälften hatte. Der Schinkenpreis tut also fast immer genau das, was der Schweinehälftenpreis macht.

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