Meine Museumseisenbahn denkt gerade darüber nach, wie denn wohl alte Eisenbahn und Web 2.0 zusammengebracht werden können. Vielleicht wird zukünftig ganz offiziell live aus dem Zug der Museumseisenbahn Hamm getwittert… Bis es tatsächlich soweit ist nutze ich mal meinen eigenen Kanal ins Web 2.0 und berichte von unserer gestrigen Sonderfahrt ins Ahrtal.
Das ist das Prunkstück unseres Vereins, die V 200 033. Hier vor der Abfahrt in Hamm Hbf. Mit unserem 50er-Jahre-Wagenpark ging es mit Halt in Bönen, Unna und Bonn in das Ahrtal, wo am 10. Oktober in mehreren Orten Weinfeste stattfanden.
Gleis 13 in Hamm ist so etwas wie das Gleis 9 3/4 in King’s Cross: Für Muggel nicht ohne weiteres erkennbar.
Neben den "normalen" Fahrgästen auch im Zug: Eine Gruppe von Engländern. Wenn ich sie kurz beschreiben müsste würde ich sagen "die Freunde des Maybach-Motors". Diese Leute reisen quer durch Europa, um dem satten Sound der Motoren von Maybach zu lauschen (diese Firma ging in den 60er Jahren zunächst im Daimler-Benz-Konzern und später im Unternehmen MTU auf). Unsere V 200 033 ist da besonders qualifiziert, denn sie hat gleich zwei Maybach-Motoren, und auch die Getriebe sind von Maybach. Unter den Eisenbahnfreunden sind diese Engländer also nochmal eine Sorte mit einem ganz speziellen Fetisch. Ich hatte die Gelegenheit, während der Fahrt den Organisator dieser Touren zu befragen, was das mit dem Maybach-Sound denn soll. "It’s a very english thing" antwortete er. "Yes, indeed!" kann ich da nur sagen…
Unsere Fahrt begann buchstäblich "pünktlich wie die Bundesbahn". Nur die Anlieferung von 130 frischen Brötchen durch einen externen Dienstleister in Bönen müssen wir nochmal üben lassen… Gewiss, es ist ein ungewöhnlicher Wunsch, dass jemand Brötchen auf den Bahnsteig geliefert haben möchte, aber wenn wir sagen "Bahnsteig", dann meinen wir auch Bahnsteig und nicht "vor dem Bahnhof". Über Wuppertal und Köln-Kalk ging es über die Kölner Südbrücke nach Hürth-Kalscheuren, wo wir in die Linke Rheinstrecke einfädelten. Leider kamen wir erstmal nur bis kurz hinter Brühl, wo wir auf freier Strecke gestoppt wurden. Nothaltauftrag. Zunächst ohne weitere Begründung. Kurze Zeit später stellt sich heraus, dass der unmittelbar vor uns fahrende Zug einen Menschen überfahren hat. Das bedeutet natürlich auch, dass es für etwa 2 Stunden nicht geradeaus in Richtung Bonn weitergeht. Also erstmal den Zug die paar hundert Meter bis Brühl zurücksetzen. Das hat für unsere Fahrgäste den Vorteil, dass sie sich dort am Bahnsteig die Beine vertreten können. Zusammen mit der zuständigen Betriebszentrale der DB Netz fällt die Entscheidung, unseren Zug über Hürth-Kalscheuren und Euskirchen nach Bonn umzuleiten. Im Nachhinein muss man anerkennend sagen: Die Sache entwickelte sich zu einem Lehrbeispiel für reibungslose Zusammenarbeit im Störungsfall zwischen DB Netz und uns als Eisenbahnverkehrsunternehmen. Die beteiligten Fahrdienstleiter waren fit, freundlich, schnell und flexibel. Als wir in Brühl Gbf ankamen hatte die BZ bereits unseren Umleitungsfahrplan nach Brühl gefaxt, so dass es sofort weitergehen konnte. Die Unterlagen wurden kurzerhand vom Fdl Brühl vom Türmchen runtergeworfen und unten von unserem Lokführer aufgefangen. Der Fdl Euskirchen ließ uns noch vor der Regionalbahn auf die Strecke (die ja an jeder Milchkanne anhält und deshalb eine niedrigere Durchschnittsgeschwindigkeit hat als unser Zug, dessen historische Wagen für 90 km/h gut sind). So stellt man sich das vor.
Unsere Lokomotive beim Umsetzen in Brühl.
Das Schlussignal steckt, es ist alles bereit für die Fahrt zurück nach Hürth.
Mit +140 Verspätung wurde schließlich Bonn erreicht. Von dort ging es weiter nach Remagen und dann rechts ab "in die Wildnis". Die Orte Ahrweiler, Dernau, Mayschoss und Altenahr luden unsere Fahrgäste zu verschiedenen Aktivitäten rund um den Wein ein. Ich selbst bin in Altenahr ausgestiegen, um ein Stück dem "Rotweinwanderweg" zu folgen.
Wenn man mal 5 Minuten in Altenahr-City verbracht hat, springt einem das grundlegende Problem der Ahrdörfer förmlich ins Gesicht: Diese Orte sind offensichtlich zu einer Zeit gebaut worden, als der Verkehr noch mit Kutschen abgewickelt wurde und insgesamt überschaubar war. Die Bürgersteige sind für den heutigen Touristenandrang in der Weinsaison viel zu schmal. Im Grunde müsste man die Häuser entlang der Hauptstraße einmal komplett abreißen und die Straße mit breiten Bürgersteigen neu bauen.
Da hatte jemand richtig Durst beim Aufstieg zur Burg Are.
Das Highlight in Altenahr ist neben dem Wein sicherlich die Burg Are. Ich kann wirklich nur empfehlen, sich mal die Mühe zu machen und bis ganz oben auf den Bergfried zu kraxeln. Die Aussicht auf die imposante Landschaft im Ahrtal entschädigt für alle Anstrengungen.
Hier sehen wir zwei Bahnbrücken in Altenahr. Die eine trägt das Gleis der Ahrtalbahn, die andere nur ein paar Büsche. Ich bin mir im Moment nicht sicher, ob die Ahrtalbahn früher mal zweigleisig war, oder ob ein Ausbau geplant aber nicht bis zu Ende umgesetzt wurde. Auch in Mayschoss existiert neben dem Bahntunnel eine zweite Tunnelröhre, die heute als Fahrrad/Fußgängertunnel genutzt wird, aber bestimmt für die Eisenbahn gebohrt wurde.
Der Rotweinwanderweg verbindet einige der Ahrdörfer miteinander. Ich bin ihn von Altenahr nach Mayschoss gegangen. Mehr war wegen des verkürzten Aufenthalts im Ahrtal wegen der Streckensperrung leider nicht möglich. Der Wanderweg ließ sich erst ganz gut an. Nach ein paar hundert Metern kam schon der erste Verkaufsstand am Wegesrand, wo einem Federweißer und Federroter kredenzt wurde. Dazu ein Weg, der bei strahlendem Sonnenschein hoch über den Weinbergen auf dem Hügelkamm entlangführt. Leider erfüllte sich meine Hoffnung, in kurzen Abständen weitere Weinchen kippen zu können, nicht. Den nächsten Wein gabs erst in Mayschoss. Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte wäre ich gerne noch bis Dernau gewandert. Auf jeden Fall eine gute Idee, dieser Rotweinwanderweg.
Abends ging es dann wieder Richtung Heimat. Auf dem Weg dorthin war allerdings bahnbetrieblich noch eine Sache zu erledigen: Durch unser Kopfmachen in Euskirchen wäre unser Zug falschrum in Hamm angekommen, was wegen örtlicher Besonderheiten auf unserer Strecke Hamm-Lippborg nicht geht. Das wurde kurzerhand in Köln-West durch erneutes Umfahren mit der Lok richtiggestellt.
Der Aufenthalt an der Ahr fiel zwar wegen der Umleitung des Zuges kürzer aus als geplant, aber ich denke doch, dass uns die Fahrgäste gewogen bleiben. Die nächste öffentliche "große Fahrt" unseres Zuges findet am 11. Dezember in bewährter Manier statt. Ziel ist dann die Hansestadt Bremen mit dem Weihnachtsmarkt.
also nen paar mehr fotos von eurer eisenbahn wären doch bestimmt mal drin.
und wenns richtig web 2.0ig wäre, müssten die fotos eh bei flickr sein
Ja, die Ahrtalbahn war auch überhalb Walporzheim mal 2-Gleisig. Wurde aber leider „plattgemacht“. Einige Tunel sind doppelt, die Anderen wurde im Gegenverkehr befahren.