You Instead

"You Instead" ist ein britischer schottischer Musikfilm, der an Originalschauplätzen auf dem schottischen Festival "T in the Park" spielt.

Da er nur für den englischsprachigen Markt gedacht ist, ist die DVD in Deutschland nur als Import, z.B. von Amazon UK zu bekommen (die ihn am Ende wahrscheinlich aus dem deutschen Lager Hersfeld verschicken und laut Sendungsauskunft der DHL in Krefeld(?) ins Paketzentrum einliefern – Gott allein scheint zu wissen, was die Amazonen zu dieser Art der Logistik bewegt, aber es scheint Geld zu sparen).

Der Streifen läuft unter dem Label "romantic comedy". Okay, romantic kann man gelten lassen, aber von comedy kann man wirklich nur sprechen, wenn man den unterkühlten britischen Humor als Maßstab nimmt. Auf den Hauptrollen sitzen Luke Treadaway und Natalia Tena. Ersterer hat bislang keinen Film verbrochen, der überragend berühmt geworden wäre, letztere hat in den Harry-Potter-Filmen die Nymphadora Tonks gespielt und ist ansonsten viel als Musikerin mit ihrer Band Molotov Jukebox unterwegs. Molotov Jukebox fiel letztens durch den Versuch auf, an einem Tag 1000 one-on-one-Konzerte über den Onlinedienst Chatroulette zu geben. Als problematisch erwies sich dabei, dass die Nutzerbasis von Chatroulette mit Masse aus Perversen und Exhibitionisten besteht, so dass zunächst wenig verwertbares Videomaterial dabei herumkam. Es griff dann Plan B, "liebe Fans, schickt uns euer Videomaterial von unserem Auftritt". Das Ergebnis kann man sich bei Youtube ansehen.

Worum geht es bei You Instead? Adam (gespielt von Treadaway), Sänger des erfolgreichen Rock-Duos "The Make", und Morello (Nat Tena) von der Femrock-Truppe "The Dirty Pinks" geraten zu Beginn des Festivals im Streit aneinander. Ein mysteriöser Prediger taucht auf, fesselt die beiden mit Handschellen aneinander und haut mit dem Schlüssel ab. Alle Versuche, die beiden durch Anwendung roher Gewalt wieder zu trennen, scheitern einstweilen, so dass die beiden Morellos Gig gemeinsam absolvieren müssen. Zu den beiden gehört jeweils noch ein Girlfriend bzw. Boyfriend, die sich irgendwann beide sagen "das kann doch wohl nicht wahr sein", zumal die zwei handschellenmäßig Verbundenen bald entdecken, dass sie mehr verbindet als blankes Metall.

Das Besondere an You Instead ist, dass der Film zu 100 % "on location" auf dem "T in the Park" 2010 gedreht wurde. Das bedeutete, dass insgesamt nur fünf Drehtage zur Verfügung standen, und die Sache entweder funktionieren oder spektakulär scheitern musste. Dieses "guerilla filmmaking" macht natürlich den besonderen Reiz des Films aus, erwies sich aber natürlich auch als Fluch. Einerseits gelang es, inmitten des Festival-Betriebes spontan einige günstige Gelegenheiten zu ergreifen, die in keinem Drehbuch standen. Andererseits reagieren natürlich Festival-Besucher, die sich unerwartet als Statisten in den Dreharbeiten wiederfinden, nicht unbedingt professionell und haben sicherlich die eine oder andere Szene einfach mal gesprengt. Wie man hörte, wurde der Film noch während der 5 Tage heftigst umgeschrieben, und wahrscheinlich die eine oder andere Szene einfach mal durch einen Schwenk auf das Festival-Publikum ersetzt, um auf Länge zu kommen.

Festival-Atmosphäre gibt es also reichlich, insbesondere Schlamm, Müll und Nässe. Auch sonst macht der Film durchaus einiges richtig. Wenn Morello und Adam gezwungenermaßen gemeinsam auf der Bühne stehen, Morello ihre Nummer durchzieht, aber Adam viel lieber "Tainted Love" spielen will und einfach mal frech in die Tasten greift, kommt fast das Gefühl rüber, dass hier gerade große Kunst entsteht. Als es Nacht wird auf dem Festival, hat diese in bester britisch-shakespearehafter Tradition offensichtlich einen profunden Einfluss auf die durch die Handschellenaktion aus der Bahn geworfenen Bestandteile von The Make und den Dirty Pinks. Auch das ist gut gelungen. Insgesamt ist der Film mit 77 Minuten aber äußerst kurz geraten, was u.a. an den genannten Herausforderungen der Produktion gelegen haben dürfte. Trotzdem ist insgesamt auch die Story etwas dünn geraten. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass irgendjemand nach 60 Minuten fertiggestelltem Film gesagt hat "wir brauchen jetzt noch ein retardierendes Moment". Der Dialog geht manchmal in der Musik unter (das ist ja Konzertgängern kein grundsätzlich fremdes Problem…), die praktisch ständig im Hintergrund dudelt, aber viel Text haben die beiden verketteten Rockstars ohnehin nicht. Es empfiehlt sich daher, die Untertitelung einzuschalten. Weitere Sprachen oder Untertitel gibt es nicht, da der Film vor allem für den lokalen Markt gemacht wurde.

Für kleines Geld bekommt man mit You Instead einen kurzen Film mit viel Rock’n’Roll und Festival. Kein ganz großes Kino, aber der Film hat schlichten Charme durch die innovative Idee, auf einem echten Festival gedreht worden zu sein.