Der Tanz um die Lust

Ariadne von Schirach? War ja wieder klar, nur der deutsche Adel gibt seinen Kiddies Namen wie Ariadne oder Polyxena. Von Schirach? Jawohl, wir haben hier eine Enkelin des Reichsjugendführers, der auf den Namen Baldur von Schirach hörte. Ariadne von Schirach hat ein Buch geschrieben. Der Tanz um die Lust. Ist Ende Februar durch alle Feulletons gegangen und wurde in den entsprechenden Zirkeln heiß diskutiert. Aber wenn nicht zufällig auch Deutschlands Studenten-Pamphlet Unicum drüber berichtet hätte, hätte ich von der ganzen Aufregung nichts mitbekommen. Mal schauen, was Frau von Schirach so zu sagen hat…

Ihr Buch zerfällt im Grunde in zwei Teile: Zunächst geht es ihr um die gegenwärtige Pornographisierung der Gesellschaft. Durch das Internet ist Pornographie heute viel verfügbarer als früher. Auch die Werbung arbeitet viel mit Sex. Das hat Auswirkungen auf die Gesellschaft. Junge Mädchen tragen heute Alltagskleidung, die früher jeder Nutte zur Ehre gereicht hätte. Es gibt einen gewissen Zwang zur Selbstoptimierung, durch Schönheitsoperationen zum Beispiel, wenn man einem gefühlten gesellschaftlichen "Standard" genügen möchte.

Der Rest des Buches hat mit Prornographisierung nicht mehr wirklich was zu tun, aber die Autorin kaschiert das geschickt. Sie stellt nämlich zunächst die Frage, was der ganze Sex um uns herum für Auswirkungen für Auswirkungen auf Beziehungen zwischen Männlein und Weiblein hat. Ihre Antwort: Es wäre eine gute Idee, mehr Erotik und Liebe in einer Beziehung zu wagen. Es bleibt hier bei der grauen Theorie. Denn nun nimmt uns die Autorin mit auf "einen Streifzug durch den erotischen Großstadtdschungel", vulgo das Nachtleben von Berlin. Auch wenn es viele, viele Seiten beansprucht, wird sehr schnell ein Problem deutlich: Die Autorin und ihre Clique vögeln zwar heftigst in der Gegend herum und treiben damit den deutschen Durchschnittswert "Anzahl Geschlechtspartner pro Mann/Frau" kräftig nach oben, aber mit der Erotik und Liebe klappt es einfach nicht… eindeutig nicht bindungsfähig. Und irgendwann ist sogar die hemmungslose Fickerei nicht mehr befriedigend. Also muss es Sex auf Drogen sein, Vollrausch, Delirium, seltsame Stripshows. Die Clique hat letztlich echt alles ausprobiert, was irgendwie denkbar ist.

Hier setzt dann auch ein guter Teil der Kritik aus den Feulletons an. Man sollte die Erfahrungen der Clique nicht auf die deutsche Gesellschaft verallgemeinern. Machen wir uns klar: Wir haben es hier mit protegierten Kindern der Mittel- und Oberschichten zu tun. Richtige Arbeit kennen diese Leute nicht. Sie haben Philosophie, Kunstgeschichte oder sonstwas sinnloses studiert, arbeiten jetzt in irgendwelchen schöngeistigen Berufen und sonnen sich in ihrer empfundenen Wichtigkeit. Aus lauter Langeweile hängt man in der Disco ab oder schmeißt schlechte Drogen ein. Ein unbestimmtes Gefühl zieht diese Leute nach Berlin, weil Berlin einfach hip ist. Es sammeln sich also vor allem selbstverliebte Egomanen in der Stadt. Wundert es da jemanden, dass die Clique nur auf bindungsunfähige selbstverliebte Egomanen in den Berliner Clubs trifft, mit denen man allenfalls einen One-Night-Stand auf die Kette bringt?

Otto Normalbürger wird sich daher in diesem Buch allenfalls begrenzt wiederfinden. Es ist aber auf alle Fälle ein interessanter Einblick in die Welt der geisteswissenschaftlichen Eliten. Ein Beispiel: In Afrika verhungern Kinder, die Welt wird wärmer, und irgendwo da draußen verschwenden Leute Zeit auf Gedanken zur sexuellen Befreiung der Frau. Okay, vielleicht kann man irgendwie begründen, dass Frauen wirklich von irgendwas befreit werden müssen. Irgendein Denker-Zirkel hat die Antwort auf die Frage "wie?" parat: Durch Analsex! – das klingt verstrahlt, und ist es wohl auch. Die Theorie ist: Wenn Männlein und Weiblein gleichermaßen mit einem Dildo rektal penetriert werden, sind sie wieder gleich, und die Fraueen damit von keine-Ahnung-was befreit. Mir fällt dazu die Vokabel "Sexual-Kommunismus" ein, von Schirach kommentiert es süffisant mit "sie hat nach Gott gesucht und ihn in ihrem Arsch gefunden", und ich frage mich, welches Problem durch die Antwort auf das Problem eigentlich gelöst werden soll.

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Eine Antwort zu Der Tanz um die Lust

  1. tth sagt:

    ich glaube du verwechselst da die oberen 10.000 der gesesschaft, bzw. kinder aus reichem hause, die es gar nicht nötig haben was vernünftiges zu studieren, weil sie weder arbeiten müssen noch gefahr laufen später keinen job zu kriegen (vitamin b.) mit den geisteswissenschaftlern allgemein.

    unser sexleben sieht zwar garantiert interessanter aus, als das an einer BWL FH (wobei, die zeit dafür hättet ihr ja^^), aber denoch haben wir doch was anderes zu tun, als uns nur dem hemmungslosen analsex zu verschreiben.

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