„Von einem Streit mit LAME ist mir nichts bekannt“

Meine ehemalige Schule veranstaltet mal wieder ihre "Wissenschaftstage". Den Auftakt machte dieses Jahr der Ingenieur Harald Popp vom Fraunhofer IIS mit einem Vortrag zum Thema Audiocodierung. Der Mann ist einer der Väter des MP3-Verfahrens.

Besonders aufregende Erkenntnisse durfte man nicht erwarten, dazu hätte das Publikum mehr technisches und mathematisches Verständnis gebraucht. Es blieb bei einigen Demonstrationen, dass der Mensch tatsächlich viele Dinge nicht hören kann, und ansonsten bei dem Hinweis, dass dahinter irrsinnig viel Rechnerei steht. In den letzten Jahren hat man sich bei Fraunhofer auf die Frage konzentriert, wie man Raumklang platzsparend encodieren kann. Demonstrationshalber ließ man die Stadthalle in 5.1-Sound erbeben. Die Arbeiten an MP3 Surround sind soweit fertig, im Moment warten sie darauf, dass die ersten Produkte auf den Markt kommen, was laut Popp durchaus noch ein paar Jahre dauern kann.

Im abschließenden Fragen-Teil stellte der bedauernswerte Dr. Meyer die Frage nach dem freien LAME-Encoder und dessen patentrechtlichen Implikationen, und lief bei Popp übel auf. Ich bin mir nicht sicher, ob es einfach nur sehr diplomatisch ausgedrückt war, als Popp sagte "von einem Streit mit LAME ist mir nichts bekannt", was der Wahrheit nicht ganz gerecht wird. Tatsache ist, dass das LAME-Projekt sich auf die juristische Spitzfindigkeit berufen muss, in ihrem Quellcode nur die Beschreibung eines MP3-Encoders zu vertreiben, die vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist. Erst wenn man sich das Ding dann kompiliert, also zu einer lauffähigen Software macht, hat man ein Produkt, dass die Fraunhofer-Patente verletzt, wenn man keine Lizenzgebühren zahlt. Popp dürfte die Sache eher als Techniker denn als Patentanwalt sehen. Er lobte LAME sogar als sehr guten Encoder und dürfte sich wohl darüber freuen, was im Rahmen des LAME-Projekts für die MP3-Technologie getan wurde.

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