Grand Theft Auto IV

Dieses Spiel ist im Vorfeld sowas von gehyped worden, dass sogar ich weich geworden bin und mir ein Exemplar besorgt habe (vom Gebrauchtmarkt, wo der Preis dieses massenhaft verkauften Spiels gerade ins bodenlose fällt). Damit ich es spielen konnte, habe ich sogar noch eine Xbox besorgt. Klar, die PS3 ist technisch die aufregendere Konsole, aber auch deutlich teurer, und irgendwo hatte sogar meine Gier nach GTA IV eine Grenze. Die Xbox war einfach billiger. Persönlich halte ich Spielkonsolen ja für unnötig. Abwechselnd rufen ja gewisse Experten entweder aus, dass der PC als Spieleplattform bald tot ist, oder dass die Konsolen bald tot sind. Aktuell sagt das Orakel der Firma Gartner mal wieder voraus, dass die Konsolen sterben werden. Ich würde das begrüßen. Wenn GTA IV durch ist werde ich die Xbox entweder wieder verkaufen oder sie ganz vielleicht als DVD-Player benutzen. Das wäre allerdings ein sehr teurer DVD-Player…

GTA IV leidet eindeutig unter der Umsetzung auf Konsolen. Das fängt bei der Mehrfachbelegung von Knöpfen an, die noch gerade erträglich ist. Die Spielfigur Niko Bellic kann außerdem leider keinen Schritt rückwärts gehen, was im Kampf hinderlich sein kann. Er kann lediglich auf dem Absatz kehrt machen – und wendet sich dabei von den Gegnern ab. Uncool. Ebenfalls uncool ist eine kleine Macke der Xbox, für die GTA aber nichts kann. Und zwar wird beim Start gerne mal der falsche Spielstand geladen, weil die Uhr der Xbox zurückgesetzt wird, wenn man die Konsole von der Spannung nimmt. Warum zum Geier hatte Microsoft die zwei Dollar nicht übrig, die man braucht, um die Uhr mit einer Batterie zu puffern? Die Grafik ist zwar insgesamt ganz ansehnlich, aber die Xbox 360 ist ja nun auch schon wieder Technik aus dem Jahr 2005, also völlig veraltet. Die mangelnde Rechenleistung kaschiert das Spiel u.a. durch eine ständige Smogwetterlage. Ich bin gespannt, wie GTA IV auf einer modernen PC-Grafikkarte aussieht, wenn denn mal irgendwann eine PC-Umsetzung erscheint.

Was im Vorfeld sehr gelobt worden ist, sind die diversen Kleinigkeiten, die die Welt von GTA IV so "lebensecht" machen sollen. Dazu fällt mir ein Zitat aus dem Medienrummel um Second Life ein: Das zweite Leben ist im Zweifel auch nicht aufregender als das erste. Wen interessiert es denn wirklich, was genau die Person da vorne auf dem Bürgersteig genau macht? Die meiste Zeit ist man ohnehin so flott unterwegs, dass man dafür keinen Blick hat. Die Müllwagen, der morgens auf den Straßen unterwegs sind, sind dann keine Innovation zur Steigerung des Realismus mehr, sondern ein schlichtes Verkehrshindernis. Das heißt nicht, dass sich Atemholen zwischendurch nicht lohnen würde. Wenn nachts um 3 Uhr vor meiner Tür ein verwirrter Mensch aus Leibeskräften wirres Zeug brüllt, dann denkt man schon "jau, das pure Leben".

Es gibt Leute, die sich über das neue Schadenssystem aufregen. Die Autos gehen wohl schneller kaputt als früher. Mich persönlich wundert es eher, dass Autos angeblich so viel aushalten wie in GTA IV. Ganze zweimal ist mir bislang untergekommen, dass mein Fahrzeug tatsächlich nicht mehr aus eigener Kraft weiterfahren konnte.
Das Speichersystem verbucht man besser unter "das haben wir schon immer so gemacht", denn anders ist diese Safehaus-Geschichte eigentlich nicht zu erklären. Ob man Spieler zu jeder Zeit im Spiel speichern lassen sollte, ist eine regelrechte Glaubensfrage. Ich empfinde es als Angriff auf meine persönliche Souveränität, wenn ich lange und schwierige Missionen ohne Zwischenspeichern spielen soll, und entprechend oft Leerlauf für die erneute Anreise zum Ort der Handlung habe.

GTA wird vor allem für seine Gewalt kritisiert, für Sex und derbe Sprache. Wenn man das Spiel darauf reduziert, tut man ihm eigentlich Unrecht. Andererseits hat dieses Spiel tatsächlich nichts in Händen von Leuten verloren, die das Gesehene nicht vernünftig verarbeiten können ("GTA hat mich angestiftet dies oder jenes zu tun"). Man sieht es ihm vielleicht nicht an, aber GTA IV ist auch ein Spiel für denkende Menschen. Wenn man gerade keinen Menschen umlegt ist es Comedy pur. Die Situationskomik der Dialoge. Figuren wie Ms. Bluesy St. John, die zwar völlig talentfrei ist, aber auf perverse Weise den Blues verstanden hat. Radio und Fernsehen, mit dem ewigen Kampf zwischen Conservatives und Liberals. Ich kann jedem nur empfehlen, nehmt euch mal die Zeit und guckt Fernsehen in GTA IV. Vielleicht nicht in dem ersten Kabuff in Broker, sondern später in Bohan oder Algonquin, wenn man die schönen Großbildfernseher hat. Mit Glück kriegt man den Sender "Weazel" rein, eine Parodie des Fox News Channel. Man trifft dort auf Perlen wie "Republican Space Rangers", ein Zeichentrick, der innerhalb weniger Minuten die amerikanische Außen- und Verteidigungspolitik der letzten Jahre höchst unterhaltsam persifliert.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.