Kabelsalat

Mit einigen Monaten Verspätung (ich hatte von der Informationsveranstaltung her noch einen Inbetriebnahmetermin im November 2012 im Ohr) ging jetzt in Meschede-Enste das von der Gemeinde geförderte VDSL-Netz in Betrieb. Da die Werbetrommel für das neue Netz noch nicht gerührt worden ist, wurde ich bzw. der Internet-Anschluss meiner Firma sozusagen unfreiwillig zum Pilotkunden. Ab 11. April konnte man VDSL bestellen, zur Bereitstellung am 26. April. Tatsächlich funktionsfähig war Enstes erster VDSL-Anschluss dann erst genau eine Woche später, denn er war zunächst „dead on arrival“ geliefert worden. In der Zwischenzeit musste sich Firma Meschede einstweilen wie vor 15 Jahren mit einem 128-kbit-ISDN-Anschluss behelfen. Von Highspeed erstmal keine Spur.

Nachdem ich den Bereitstellungstag am Freitag den 26. April noch anstandshalber abgewartet hatte, haute ich am nächsten Tag die Störungsmeldung raus und grub den eingemotteten ISDN-Router von der Firma ELSA wieder aus (kennt heute überhaupt noch jemand die ELSA aus Aachen?). Zunächst hatte ich Schwierigkeiten, den Router auf Werkseinstellungen zurückzusetzen, weil er dafür keinen Knopf zu haben schien. Für die Nachwelt: Der Resetknopf des ELSA Lancom DSL/i-10 befindet sich hinter der Frontblende, die man mittels Schraubendreher gewaltsam abnehmen muss.

Am Montag kam dann ein Techniker vorbei und stellte fest, dass der VDSL-Anschluss am DSLAM funktionierte, aber an der ersten TAE überhaupt kein Trainings-Signal anlag. Telefon per ISDN war die ganze Zeit über funktionsfähig. Nur vom DSL kam nicht ein Sterbens-Tönchen bei uns an. Zusammen mit dem Innendienst wurde daraufhin erstmal eine Stunde lang der neue DSLAM getriezt. Aber selbst mit einem 1000er ADSL-Profil kam nichts an. Etwas überrascht nahm ich zur Kenntnis, dass der VDSL-Anschluss nicht am räumlich nächstgelegenen Multiplexer aufgeschaltet worden war, sondern unser Anschluss von der EDA am 600 Meter entfernten Kreisverkehr auf eine neue Siemens-Baugruppe im gleichen KVz umgeklemmt worden war. Das stimmt mich schonmal wieder sehr bedenklich. Der Unterschied zwischen 600 Meter und 200 Meter Kupferkabel kann bei VDSL sehr bedeutend sein. Die Telekom hat es offenbar IT-mäßig immer noch nicht im Griff, im Bestellprozess für einen Bestandsanschluss zu prüfen, ob es einen näher am Kunden befindlichen DSLAM gibt. Den selben Irrsinn hatte ich vor Jahren genossen, als es angeblich nicht möglich war, den Bestandsanschluss vom Hauptverteiler auf die Outdoor-EDA umzuklemmen. Irgendeine heldenhafte Störungsstelle hat diesen Stunt damals dann bewältigt.

Die vielleicht kurioseste Aktion dieser VDSL-Entstörung folgte dann am Dienstagmorgen. Da stand dann plötzlich ein Mensch von der Firma Lomo Fernmeldetechnik in meinem Laden; Lomo hatte als Subunternehmer der Telekom die neuen Multiplexer errichtet. Der Typ hatte den Auftrag, meine TAL auf Durchgängigkeit zu messen. Das war entweder eine unglaublich dumme, oder unglaublich geniale Idee. Ich tendiere mehr zu dumm. Wir erinnern uns: Das Telefon funktionierte, ich hatte wohlweislich kein Entertain oder VoIP bestellt. Den Gegenpunkt der Messung bildete ein Kollege, der den 200 Meter entfernten KVz bemannte (an dem unser VDSL wie zuvor beschrieben gar nicht terminiert wurde). Ich fragte also mal: Warum messt ihr nur die halbe Leitung, und nicht bis zum DSLAM? Antwort: Weil der Auftrag das so vorsieht. Gut, jetzt wusste man immerhin, dass die letzte Hälfte der Leitung galvanisch in Ordnung ist. Wahnsinns-Erkenntnis. Die beiden waren übrigens extra für die Messung vom Firmensitz in Staufenberg aus angerückt, und fuhren nachher wieder dorthin. Staufenberg liegt hinter Kassel. Und dieses Subunternehmertum soll für die Telekom also billiger sein als wenn ein Techniker aus Meschede anrückt??? Ich kann mir das eigentlich nur so erklären, dass die Telekom angesichts des gestörten VDSL-Anschlusses den Verdacht hatte, dass der Subunternehmer Lomo beim Überbau des Kabelverzweigers irgendwas kaputtgemacht hatte, und deshalb zum Messen herzitiert wurde. Hübsch fand ich auch, dass der Lomo-Mann mir auftrug, der Telekom über deren Störungsstelle das Ergebnis seiner Messung mitzuteilen. Er könne das nicht selber tun. Ja sind wir denn in Timbuktu oder wo??? Bei diesem Anruf erfuhr man immerhin, dass nunmehr zur Entstörung des Anschlusses der Port gewechselt werden sollte. Das sollte noch am Dienstag passieren. War dann aber nicht. Zwischendurch war Tag der Arbeit, und am Donnerstag erfuhr man, dass nunmehr eine nicht näher bezeichnete „Baugruppe“ getauscht werden sollte. Wahrscheinlich eine Linecard oder der ganze DSLAM. Whatever.

Freitagmorgen, der VDSL-Anschluss war jetzt eine Woche lang gestört, vermeldete die Online-Nachverfolgung meiner Störung dann, dass ein nicht mit mir abgesprochener Besuchstermin angesetzt worden sei. Es erschien dann aber niemand. Stattdessen hat irgendjemand heimlich und geräuschlos endlich den Anschluss in einen funktionsfähigen Zustand versetzt. Na also. Auf die Rückmeldung „Ihre Störung ist behoben“ warte ich allerdings noch immer. Das ist eine Sache, die ich der Telekom ziemlich negativ ankreide. Man spricht nicht mehr mit der Kundschaft. Früher war es üblich, mal eben beim Kunden durchzuklingeln, wenn man einen DSL-Anschluss neu geschaltet hatte – ob denn die Lampe am Modem auch grün wurde? Wenn das der Außendienstler bei der Bereitstellung am 26. April gemacht hätte, hätte man direkt mit der Entstörung beginnen können und vielleicht einen Stör-Tag gespart.

Loben möchte ich die beiden Störungsstellen-Call-Agenten, die mit meinen Anfragen zum Fortschritt der Arbeiten dem Mescheder Innendienst auf die Nerven gegangen sind, und mir nachher berichtet haben. Ihr seid eine Zierde eures Konzerns. Andere Callcenter-Agents haben sich leider nicht so mit Ruhm bekleckert. Einer fand mein Störungsticket nicht in seinem Computer. Der andere erklärte mir, dass meine Modems nicht VDSL-tauglich seien. Wie kann man am Telefon ein Speedport drei-null-null-HS mit einem Speedport 303 verwechseln?

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Hier also die messtechnische Bewertung des VDSL-Anschlusses durch meine Fritzbox. Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster und behaupte: Dieser Anschluss wird nicht von einem 600 Meter entfernten DSLAM versorgt. Dafür ist er viel zu leistungsfähig. Das VDSL 50 ist bis zum tariflichen Maximum gesynct, und es gibt sogar noch hochgerechnete Reserven. Selbst wenn man unser gutes 0,5er Kupfer zu Gute hält, sollte bei 600 Meter keine Luft nach oben mehr sein. Ich gehe also davon aus, dass der Port jetzt doch an dem 180 Meter entfernt liegenden neugebautem DSLAM aufläuft. Die Telekom hat die Kurve also wohl nochmal gekriegt, und am Ende alles richtig gemacht. Was jetzt endgültig die Ursache war, warum vom Kreisverkehr aus kein Ton ankam, keine Ahnung. Vielleicht war der dortige DSLAM wirklich ein Montags-Modell und hatte irgendein Problem mit langen Leitungen. Ich halte das für unwahrscheinlich, denn das wäre schon physikalisch recht erstaunlich. Wahrscheinlicher ist, dass der Techniker bei der Bereitstellung irgendeinen Fehler beim Umklemmen gemacht hat, oder ein Kabeldefekt zwischen der Linecard und der Splitter-Baugruppe im KVz vorlag. Wie auch immer. Liebe Telekom, meine Geduld als friendly user habt ihr in der vergangenen Woche ziemlich strapaziert. Wir werden noch zu reden haben über die Kosten der ISDN-Minuten, die uns angefallen sind. Der Anschluss war 7 Tage lang gestört, mir schwebt vor, dass ihr mir 7 Tage der Grundgebühr von dem Call & Surf-Paket erlasst…

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